Raunächte RäucherutensilienCopyright:SylviaSchober

Raunächte, heilige Nächte zwischen den Jahren

Raunächte – altes Wissen in altem Gemäuer

Die Raunächte haben für mich schon seit meiner Kindheit eine ganz besondere Faszination. Der Duft von Weihrauch und Kräutern, die Thomasnacht, Tiere die sprechen, Frau Percht und die wilde Jagd, … Was? Das kennt ihr nicht? Nun, dann nehme ich euch mit zur Kräuterexpertin Waltraud Auer. Sie weiß Wertvolles rund um das Räuchern, die heiligen Nächte und deren Bräuche. Heute ist sie im Heimatmuseum Gererhof in Annaberg und hat jede Menge an wunderbarem Räucherwerk mitgebracht.

Rauch und Räuchern im Heimatmuseum

Heimatmuseum Gererhof (c)TVB Annaberg-Lungötz

Heimatmuseum Gererhof (c)TVB Annaberg-Lungötz

Im Heimatmuseum Gererhof werden nicht nur Vorträge gehalten, Kustos Bernhard Ponemayr weiß viel Interessantes über das 400 Jahre alte Haus. Geschichten um menschliche Schicksale früherer Zeiten weiß er zu berichten sowie über die tägliche harte Arbeit rund um den Hof. Passend zum Räuchern: Der Gererhof besitzt eine funktionstüchtige Rauchkuchl, in der alljährlich noch über offenem Feuer Krapfen gekocht werden.

Warum räuchern wir?

Wir sitzen in der Stube des Heimatmuseums, übrigens früher der einzige geheizte Raum im Haus. An der Wand tickt die alte Uhr, die Besucher drängen sich um den Kachelofen und Kräuterexpertin Waltraud Auer breitet ihre duftenden Kräuter am Tisch aus. „Räuchern„, meint Waltraud, „begleitet den Menschen, seit es Feuer gibt.“ Seit jeher gibt es zwei Arten von Räuchern, zum einen wird Nahrung damit haltbar gemacht, zum anderen gibt es das geistige Räuchern. „Dieses kulturelle Räuchern ist besonders in Asien erhalten geblieben, im Abendland geriet es leider etwas in Vergessenheit„, erzählt Waltraud und entzündet eine Kerze. „Das alte Wissen ist aber noch da und die Menschen interessieren sich wieder mehr dafür.“ Über der Kerzenflamme wird nun die Räucherkohle knisternd erwärmt, ganz durchglühen muss sie, bevor die Kräuter daraufgelegt werden. Die Kohle wird in ein hitzebeständiges Gefäß gelegt, das mit Sand gefüllt ist.

Doch warum setzen wir uns dem Rauch eigentlich aus? „Geräuchert wurde beim Gebet, das mit dem Rauch himmelwärts stieg, aber auch als Schutz vor Krankheitsdämonen, oder unterstützend zur Meditation„, weiß Waltraud. Im Mittelalter wurden dazu meist kostbare orientalische Harze, wie Weihrauch,Benzoe oder Styrax verwenden.

Nur Natur kommt auf die Räucherkohle

Davon hält Waltraud nicht viel: „Alles was wir brauchen, finden wir oft schon direkt vor der Haustüre.“ So hat sie im Sommer bereits fleißig gesammelt, was die Natur für sie bereithält und teilt die Kräuter grob je nach ihrer Wirkung ein:

  • Salbei, Wacholder, Beifuß oder Königskerze wirken reinigend und desinfizierend
  • Heckenrose für Harmonisierung
  • Baldrian, Engelwurz, Johanniskraut oder Mariengras sorgen für aufhellende Stimmung
  • Bartflechte, Lärche, Mistel haben eine schützende Wirkung

Die Kräuter werden getrocknet und in kleine Gläschen abgefüllt oder aber als bestimmte Räuchermischungen zusammengebunden.

Für alles ist ein Kraut gewachsen

Die Kohle ist soweit, es werden nun Kräuter daraufgelegt: „Beifuß wirkt reinigend bei Räucherungen im Haus.“ Wenn Waltraud Auer daheim räuchert, geht sie mit ihrem Räuchergefäß in alle vier Ecken eines Raumes. Nach dem Durchlüften wird etwa mit Engelwurz, die Schutz verspricht oder Johanniskraut, das gegen Spannungen wirken soll, noch einmal geräuchert. Herrlich duften die Kräuter auf der heißen Kohle, am besten finde ich die Alantwurzel: „Sie wirkt aufhellend, aber auch gegen Husten„, weiß die Kräuterexpertin. Passt gut, spüre ich doch schon seit ein paar Tagen ein Kratzen im Hals. Waltraud fächelt mir mit ihrer Feder den Rauch zu, ich atme einige kräftige Züge durch. Eisenkraut, auch Diplomatenpflanze genannt, wurde früher bei wichtigen Versammlungen geräuchert. „Steht man vor einer besonderen Entscheidung, kann man mit Thymian räuchern„. Die Mistel galt als heilige Druidenpflanze bei den Kelten. Als Räucherpflanze beruhigt sie die Nerven, wirkt segnend und bringt inneres Licht.

Räuchern, sonst gibt´s ein Gewitter!

Bevor Waltraud die nächste Kohle entzündet, zeigt sie uns ein Bündel von zusammengebundenen Kräutern: „Das hier ist ein Gewitterstab„, meint sie und fügt hinzu: „Diesen entzündet man, wenn eben starke Unwetter zu erwarten sind. Aber auch, wenn sich Spannungen innerhalb der Familie aufbauen, sollte man damit räuchern.“ In den Gewitterstab hat Waltraud die Königskerze eingebunden, die gegen Spannungen, Elektrosmog und Streit helfen soll, weiters Dost, den aufhellenden Johannis, Reinfarn und Beifuß.

Was macht Raunächte so besonders?

Waltraud legt eine neue Kohle auf. Während sie vor sich hinglost, ist es Zeit einmal nachzufragen, was es denn mit den Raunächten auf sich hat. „Der Name kommt vom keltischen `ruch`, was so viel wie pelzig oder behaart bedeutet„, erklärt Waltraud, „nach dem keltischen Glauben sind in den Raunächten die Seelen der Verstorbenen, die vor ihrer Zeit gegangen sind, unterwegs.“ Sie ziehen dann als Teil der wilden Jagd, oder auch mit Frau Percht bzw. Frau Holle durch die langen, dunklen Winternächte. Rund um den Jahreswechsel gibt es vier Raunächte:

  • 21./22.12. Wintersonnenwende
  • 24./25.12. Heiliger Abend
  • 31.12./1.1. Silvester
  • 5./6.1. Heilige drei Könige

Es heißt, räuchert man im Stall zu Silvester, fangen die Tiere zu sprechen an. Sie reden darüber, ob sie sich gut behandelt fühlen. Die Tiere ahnen voraus, wie das nächste Jahr für die Familie wird.“ Nun gut, Stall habe ich keinen, aber ich kann ja einmal hinhören, was mir meine Katze zu sagen hat … ;)

Tipps für Raunächte und Perchtentreiben

An diesem Abend haben wir wirklich viel gelernt über Raunächte, Kräuter und deren Wirkung. Wir können vieles, was die Natur rund um das Haus anbietet, zum Räuchern verwenden. Die Utensilien sind relativ einfach zu beschaffen – eine feuerfeste Schale, Sand, Kohle und eine Feder, die einem gefällt. Und die wichtigste Zutat? Viel Geduld, Räuchern braucht Zeit.

Sylvia
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