Collage aus Bildern von (C) Salzburger Festspiele / Marco Borelli und Freda Fiala

Die Salzburger Festspiele – ewig davon geträumt – heuer war ich dort!

Kennt ihr das auch?

  • „oh, das wäre toll, irgendwann mach ich das mal …“
  • „wenn ich mal mehr Zeit habe, tue ich dieses oder jenes …“
  • „wenn es sich mal ergibt, dann fahre ich da hin …“
  • u.s.w.

Aber der perfekte Zeitpunkt kommt irgendwie nie – und wenn mir Corona eines gelehrt hat, dann,
dass ständig irgendetwas Unvorhergesehenes passieren kann. So nach dem Motto:

„Immer, wenn der Mensch seine Zukunft plant,
fällt im Hintergrund das Schicksal lachend vom Stuhl.“

Sonntag, 1. August 2021

Ich sitze gemütlich beim Frühstück und höre im Radio ein Interview von Musikern der Salzburger Festspiele. Da fällt mir ein, dass meine Arbeitskollegin Petra und ich schon öfters davon gesprochen haben, wie toll es wäre, bei den weltberühmten Salzburger Festspielen „irgendwann mal“ ein klassisches Konzert zu besuchen – aber die Karten sind ziemlich teuer, wahrscheinlich schon seit ewigen Zeiten ausverkauft und mit günstigeren hat man bestimmt schlechte Plätze und sieht bzw. hört wenig – und überhaupt: was zieht man da an?!

Wir könnten ja mal schauen, einfach nur so – und tatsächlich – für heute Abend sind noch ein paar Tickets frei, das Wetter ist auch schlecht und wir haben beide sonst keine Verpflichtungen. Besser geht‘s eigentlich nicht – und das Problem mit der Garderobe löst sich ebenfalls von selbst – außer einem „Dirndl“ habe ich nämlich nichts Festliches im Schrank.

Um 18:00 Uhr geht‘s also los…

… mit allen erforderlichen und möglichen G´s von gestylt bis getestet und auch ein bisserl (auf)geregt.

Wir parken im Berg, schlendern durch die Altstadt und beobachten die feinen Leute, die nach der Jedermann-Vorstellung gerade die Felsenreitschule verlassen – manche sind echt „aufgeputzt“ aber viele auch relativ „normal“ gekleidet – da fallen wir nachher mit unseren Dirndln bestimmt nicht (negativ) auf. Erleichtert machen wir uns auf den Weg in die Gstättengasse, wo wir uns im Bio-Restaurant Humboldt mit einer leckeren Bowl stärken. Die Wirtsleute beziehen viele ihrer Produkte von heimischen Bauern, wie zum Beispiel die Schnäpse vom Seiwaldgut aus Golling im Tennengau – da fühlen wir uns gleich zuhause (und schmecken tut‘s auch ausgezeichnet).

Dann ist es endlich soweit: Petra und ich stürzen uns ins Festspiel-Getümmel und betreten die heiligen Hallen – also erstmal nur die Vorhalle. Dort genießen wir bei einem Seiterl bzw. Spritzer die Atmosphäre und halten nach den obligatorischen Abtenauern Ausschau. Es scheint nämlich ein Naturgesetz zu sein, dass man, egal wo man hinfährt, immer mindestens einen Abtenauer trifft. Bei den vielen Leuten mit Maske können wir ihn/sie dieses Mal aber leider nicht ausmachen.

Dafür treffen wir einen netten Fotografen, Herrn Sturm, der uns gleich verewigt.

Das Konzert

Die Glocke läutet und wir starten die Suche nach unseren Plätzen. Im Online-Festspiel-Ticketshop gab es nur noch zwei in der Mittelklasse, die nebeneinander zu haben waren. Wie sich jetzt herausstellt, war das ein Glücksgriff, denn wir sitzen in einer nur halbvollen Parterreloge mit viel Platz, perfekter Sicht und einer eigenen Garderobe!

Der erste Teil des Konzerts besteht aus den Rückert-Liedern von Gustav Mahler, interpretiert von Elīna Garanča. Ich habe extra gewartet bis sie singt, um meinen Kaugummi auszupacken, dann aber trotzdem einen vernichtenden Blick von dem Herrn aus der vorderen Reihe kassiert. Aber nicht nur ich, auch der Herr neben ihm wird mit Kopfschütteln bedacht, als er vor Begeisterung den Takt mit den Fingern mitklopft (eh nur ganz leise). Der dritte Herr in der vorderen Reihe ist der allerärmste: sein Stuhl knarrt extrem bei der kleinsten Bewegung, also sitzt er 2 Stunden stocksteif da, wie eine Schaufensterpuppe.

Die anschließende Siebte Symphonie von Anton Bruckner ist ein außergewöhnliches Erlebnis.
Zwischen den Themen und Sätzen herrscht eine so angespannte Stille im ganzen Saal, dass man sogar eine Stecknadel fallen hören würde, alle halten den Atem an  – und dann wird man fast überrollt von der gewaltigen Musik. Ich bin hin und weg. Petra geht es genauso – auch sie sieht die Wiener Philharmoniker zum ersten Mal live. Wir sind beide begeistert.

Fazit

Außer, dass es mir super gefallen hat, kann ich über die Qualität des Konzerts sonst nichts sagen, weil ich mich da leider überhaupt nicht auskenne. Aber den Kritiken zufolge (soweit ich sie verstanden habe) war es wirklich gut. Hier sind Links dazu:

Artikel von Bernhard Neuhoff, BR Klassik

Artikel von Reinhard Kriechbaum, Wiener Zeitung

Das Einzige, dass mir an diesem Abend gefehlt hat, war die Gänsehaut. Die Wiener Philharmoniker sind Profis und bestimmt auch alle Vollblut-Musiker (sonst wären sie nicht so erfolgreich) – aber dieses „gewisse Etwas“ habe ich nicht gespürt:

Ich kann mich noch gut an ein ganz besonderes Konzert erinnern. Meine Kinder waren in der Volksschule und ich durfte als Begleitperson dabei sein. Es war ein ausländisches Jugendorchester zu Gast (ich weiß leider nicht mehr aus welchem Land). Die jungen Musiker spielten umwerfend, ihre eigene Begeisterung und Freude war fast greifbar und der ganze Saal buchstäblich elektrisiert – ein echter Gänsehautmoment.

Bei soviel kindlichem Enthusiasmus können selbst die besten Vollprofis nicht mithalten.