Interview: “Ich bin eine Bauernfrau, keine Powerfrau!”
Bei der Recherche für unsere Serie über „Mutige Macherinnen“ hieß es gleich von mehreren Seiten: „Da müsst ihr unbedingt auch was über Maria Rettenbacher vom Fürstenhof schreiben“. Wie erklärst du dir das: Bist du eine Powerfrau?
Maria Rettenbacher (lacht): „Ja, eine Bauernfrau bin ich, keine Powerfrau! Aber im Ernst: Jede tut doch das, was sie gut kann und mag und so ist es auch bei mir. Aber ich höre schon immer mal wieder: „Ein Wahnsinn, was du alles machst!“ Aber ich empfinde das gar nicht so. Ich liebe ja alles, was ich mache, es fällt mir leicht und daher empfinde ich es gar nicht als so viel. Es ist mir eigentlich gar nicht so recht, dass mich viele als Powerfrau sehen.“
Könnte es sein, dass dadurch einige neidisch auf dich sind oder warum möchtest du lieber nicht so genannt werden?
Maria Rettenbacher: „Ich denke mir schon, dass sich dann einige denken, wenn ich ihnen sage, was ich so alles mache: „Die macht so viel und was ist mit mir? Bin ich zu wenig?“ Ich denke, jede Frau gibt ihr Bestes, auch wenn sie „nur“ daheim bei den Kindern ist, was nicht heißen soll, dass eine Frau, die keine Kinder hat, nichts tut, auch das ist legitim. Ich habe ja auch nur zwölf Stunden am Tag zur Verfügung, und ich habe halt nicht so viel Freizeit, was mir ehrlich gesagt nicht so wichtig ist. Ich bin als Bauerntochter einfach so aufgewachsen. Bei uns wurde auch immer am Sonntag gearbeitet. Wenn man Tiere daheim hat, dann muss man sie jeden Tag versorgen. Aber vielleicht hab ich tagsüber mehr Zeit als andere, wenn ich mich mal zwischen zwei Tätigkeiten in den Garten setze und Tee trinke … also ich hab schon auch meine freien Zeiten.“
Aber wie ist das mit Urlaub bei dir, fährst oder fliegst du mit deiner Familie auch hin und wieder weg?
Maria Rettenbacher: „Also wir fliegen tatsächlich ab und zu nach Indien. Aber das ist kein Urlaub so, wie ihn sich wahrscheinlich die meisten vorstellen mit gut essen, entspannen und am Strand liegen. Mein Mann ist vor 18 Jahren einmal nach Indien geflogen und hat dort ein Projekt gestartet. Das sehen wir uns regelmäßig an und helfen dort selbst aktiv mit. Während dieser zehn Tage schauen unsere erwachsenen Kinder auf unseren Hof, die machen das schon sehr gut. Mein Mann hat in Nordindien in einem Dorf geholfen, eine Landwirtschaft aufzubauen und mit den Einnahmen daraus werden eine Schule, ein Krankenhaus und ein Altenheim unterstützt.“
Erzähl bitte mehr über dieses Projekt!
Maria Rettenbacher: „Unser Verein, der in Österreich gegründet wurde, heißt „Help4Life“ und er lebt von Spenden. Wir versuchen, die Bevölkerung in diesem Dorf in Indien zu stärken – und zwar mit diesem Landwirtschaftsprojekt, wo wir gemeinsam versuchen – auf biologische Weise und mit Permakultur – das Maximum aus dem Boden herauszuholen, ohne Monokultur, wie sie in Indien ja leider häufig angebaut wird. Das Schöne ist aber, die Bauern rundherum schauen sich das bereits von uns ab und machen es nach, weil sie sehen, dass sie mit unserer Art der Landwirtschaft mehr Ertrag erzielen.“
Wo wir ja bei „Mutigen Macherinnen“ bei einem wichtigen Frauenthema sind: Wie geht es den Frauen in Indien, was bekommst du davon bei deinen Reisen mit?
Maria Rettenbacher: „Ja, das Leben als Frau ist schon echt hart dort! Zuerst wirst du wahrscheinlich recht jung und gegen deinen Willen von deinen Eltern verheiratet. Und wenn dein Mann vor dir stirbt, dann hast du die Wahl, entweder betteln zu gehen oder dich zu prostituieren, um über die Runden zu kommen. Da jammern wir in Österreich auf wirklich hohem Niveau. Man sieht so viel Elend in Indien. Die eigenen Probleme, die man vielleicht denkt, zu haben, darum geht es mir beim Urlaub machen und in Indien da komme ich aus meinem Hamsterrad heraus! In Österreich fühle ich mich nicht als schwache Frau, die weniger wert ist als ein Mann – überhaupt nicht! Wir Frauen haben auch Mächte! Ich fühle mich in Österreich gleichberechtigt. Seit meiner Kindheit hatte ich nie Einschränkungen. Schon mein Vater hat mich immer alles tun lassen, was auch die Jungs durften: Traktor und Kran fahren zum Beispiel. Trotzdem bin ich froh, wenn mein Mann die schweren Sachen auf unserem Hof hebt – also körperlich gibt es schon Dinge, die ich nicht so gerne tun will oder einfach nicht kann.“
Auch, wenn du dich gleichberechtigt fühlst: Könnte die Politik oder die Gesellschaft deiner Meinung nach noch etwas besser machen, um die Emanzipation weiter voranzutreiben?
Maria Rettenbacher: „Ich habe leider manchmal das Gefühl, dass Frauen anderen Frauen häufig weniger vergönnen als Männer. Da kommt oft der Neid durch. Ich finde, wir Frauen sollten untereinander mehr zusammenhalten. Ich sehe das immer wieder: Gegen so einen richtigen Frauenhaufen haben Männer gar keine Chance! Ich kenne viele Frauen, wo die Frau zu Hause das Sagen hat!“
Jetzt aber noch mal kurz zurück zu einem Frauenthema: Du machst Kosmetik aus Molke? Wobei ja auch Männer scheinbar schon immer häufiger zu Antifaltencreme und Co greifen …
Maria Rettenbacher: „Schon Sissi und Cleopatra badeten ja in Molke und Milch, das ist gar kein so neues Thema. Molke ist gut für unsere Haut. Auf unserem Hof wäre die Molke sonst ein Abfallprodukt, das bei der Käseherstellung übrigbleibt. So wird nun alles sinnvoll verwendet. Je weniger man wegwerfen muss, desto besser!“
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