Wie ein Eislaufplatz entsteht

Wenig Schnee heuer in Abtenau

Der Winter 22/23 lässt sich in Abtenau ganz schön bitten. Während es in den umliegenden Gebieten fleißig schneit, warten wir hier immer noch auf eine schöne dicke Schneedecke. Mir kommt es so vor, als hätte jemand einen riesigen Schirm genau über unseren Ort aufgespannt.

Die Sonnleitenlifte und zwei Langlaufloipen in der Au konnten vor kurzem geöffnet werden und sind momentan unsere einzigen Möglichkeiten für Wintersport. Beim Karkogel schaut es so aus, als würde es in den nächsten Tagen etwas werden – endlich!

Unser Fels in der Brandung

Doch ein kleiner Platz im Zentrum von Abtenau lässt sich vom Wetter nicht beeindrucken und hält allen Widrigkeiten stand: der Kunsteislaufplatz!
Hier tummeln sich von Mittwoch bis Sonntag (15:00 – 19:00 Uhr) große und kleine Eisläufer, drehen ihre Pirouetten und genießen die frische Luft.

Am Vormittag nutzen die Kindergärten und Schulen von Abtenau und Umgebung den Platz für den Sportunterricht. Eine willkommene Abwechslung für die Kinder.

Die Metamorphose des Wassers

Wie ist das eigentlich möglich, dass das Eis auch bei Plustemperaturen in so tollem Zustand ist?

Das frage ich mich schon länger. Also beschließe ich, meinen Kollegen Michael, den „Ice-Man“, an seinem Winterarbeitsplatz, zwischen Gemeindeamt und Postamt, zu besuchen und zu fragen. Er hat sich in den letzten beiden Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt und ist nun unser Experte in Sachen Eislaufplatz.

„Das Geheimnis liegt unter dem Eis“, verrät er mir. „Für so einen Platz braucht es ein bisschen mehr als nur Wasser und kalte Temperaturen. 6 Männer waren schon Ende November damit beschäftigt, den Untergrund vorzubereiten. Erst wurde der Schotter geebnet, dann die Fläche mit Flies ausgelegt und darauf die Kühlmatte ausgerollt. Diese Kühlmatte funktioniert wie eine umgekehrte Bodenheizung und erzeugt Temperaturen von -6°C bis -12°C.  Nachdem die Holzumrandung mit der Bande montiert war, begann der gefinkelte Teil: die Metamorphose des Wassers.“

„Was ist denn das!? Da schüttet man doch einfach nur das Wasser hinein und wartet bis es eine schöne Eisfläche gibt, oder?“

„So ungefähr“, antwortet er und richtet mir einen Glühwein her, denn diese Geschichte wird etwas länger. „Beim Eis gibt es viele Faktoren, die beachtet werden müssen. Um wirklich stabiles Eis zu bekommen, braucht man erst einmal ca. 2-3 kalte Nächte. Am Anfang wird die gesamte „Wanne“ mit Wasser gefüllt und die Kühlung aktiviert. Bei einer Eisschicht von ca. 1,5 bis 2 cm kommt ein Gitternetz drauf und es geht weiter mit dem Wasser. Dabei muss darauf geachtet werden, dass sich immer nur ganz dünne Schichten Eis bilden, denn eine dicke Platte wäre sehr empfindlich und würde leicht brechen. – Deshalb ist es ungünstig, wenn es beim Eisaufbau regnet. Dann wird das Ganze nämlich zu schnell zu dick und instabil. – Bei den nächsten 7 bis 10 cm Eis ist es wichtig, dass die Fläche bombiert wird. Das heißt, sie soll in der Mitte etwas höher sein als an den Rändern, so kann das Regenwasser später abfließen und es bilden sich keine Pfützen.“

„Und dann ist der Platz fertig?“

„Nein, dann kommen die Bauhofmitarbeiter und fahren mit dem Unimog drüber.“

„Aber warum tun sie denn das? Da wird doch alles wieder kaputt!“ rufe ich entsetzt.

„Das ist ja auch der Sinn der Sache,“ grinst Michael. „Damit das Eis nicht unter Spannung steht, muss es gebrochen, die Risse mit Wasser gefüllt und wieder vereist werden. Und dann kommen weitere dünne Schichten drauf.“

„So viele Schichten!? Und wie hoch ist das Eis dann, wenn es fertig ist?“

„Ca. 12 bis 15 cm. Leider ist der Untergrund etwas schief und hat einen Schotterbelag. Mit einer ebenen Asphaltfläche wäre es viel einfacher und auch kostengünstiger. So muss das Eis an einem Ende dicker sein und die Kühlanlage für die stärkste Stelle eingestellt werden, was natürlich wieder mehr Strom braucht. Das mit dem Strom und der richtigen Temperatur ist sowieso so eine Sache.“

„Warum, stellt man die Maschine nicht einfach auf die perfekte Temperatur ein und das bleibt dann so (wie beim Kühlschrank)?“

„Schön wär’s. Die perfekte Temperatur hängt vom Wetter ab. Bei Regen soll die Kühlung etwas wärmer eingestellt sein, damit der Regen nicht friert und abfließen kann, sonst bildet sich eine dicke oberste Schicht, die dann wieder leicht reißt. Wenn es schneit, schalte ich sie auf die kälteste Stufe, damit der Schnee nicht anklebt, denn dann wäre die glatte Fläche hinüber.“

„Da wäre eine Überdachung super, oder?“

„Oh ja, dann wäre das ganze viel einfacher und nicht so arbeits- und kostenintensiv. Bei einer planen, überdachten Fläche würde eine Eisdicke von 7 – 8 cm ausreichen, bräuchte nicht so viel Kühlung und wäre geschützt vor dem Wetter. Regen und Schnee könnten dem Platz nichts mehr anhaben und auch die Sonne, die ab Mitte Februar schon wieder ziemlich stark ist, hätte keine Chance.“

„Wow! Ich hätte nicht gedacht, dass ein Eislaufplatz so viel Arbeit verursacht. du musst so viel beachten.“

„Ja, wirklich. Am Saisonende träume ich dann schon von Rissen und durstigem Eis!“

„Was meinst du mit „durstigem Eis“?“

Das Eis muss jeden Abend mit einem dünnen Wassernebel gewässert werden weil es sich sonst zusammenziehen und reißen würde. Es ist sozusagen „durstig“.

„Und wie schaut der Arbeitsablauf am Abend aus? Da wird wahrscheinlich auch jede Menge zu tun sein?“

„Große Plätze und Eishallen haben eine Eismaschine für die Präparierung, aber bei uns funktioniert das alles zu 100% händisch:
Als erstes wird jeden Abend der feine „Eisschnee“, den die Schlittschuhe abschaben mit einer Abziehschaufel von der Fläche entfernt. Der Rand unter der Bande ist dabei ganz besonders wichtig, damit das Regenwasser abfließen kann. Dann werden die am Tag entstandenen Risse mit Wasser gefüllt und ausgehärtet. Das mache ich mit einer gewöhnlichen Gießkanne. Danach überziehe ich die gesamte Fläche mit einer dünnen Eisschicht. Das abgeschabte Material muss ja wieder ersetzt werden. Und je nach Wetter gehört, wie schon gesagt, die Kühlung richtig eingestellt.“

„Die Metamorphose des Wassers ist ja eine richtige Wissenschaft!“

„Ja, das stimmt. Aber wenn man den Dreh mal raus hat, ist das alles halb so wild. Und das großartige Feedback meiner Gäste ist ein guter Ansporn. Besonders gefreut hat mich das Lob eines Nachwuchsspielers von einem holländischen Profiverein. Der war mit seinen Eltern auf Urlaub in Abtenau und kam jeden Tag zum Trainieren zu mir. Und der Vertreter der Kühlmattenfirma wollte mir einfach nicht glauben, dass die Eisfläche händisch präpariert ist. Er hat ein paar Runden um den Platz gedreht und vergeblich nach der Eismaschine gesucht,“ lacht Michael „aber jetzt muss ich los. Es ist schon 19:00 Uhr und ich hab noch 2 Stunden Arbeit vor mir!“

„Ok. Mein Glühwein ist inzwischen eh schon ausgetrunken. Also dann, vielen Dank für das Interview, Herr Kollege!“

Ihr wollt selbst den Eislaufplatz ausprobieren oder mehr dazu erfahren?

Falls ihr noch mehr über den Eislaufplatz erfahren oder selbst ein paar Runden drehen wollt, oder einfach Lust auf einen Glühwein/Punsch habt (sehr empfehlenswert), besucht uns gerne von Mittwoch bis Sonntag 15:00 – 19:00 Uhr.

Anmeldungen für Schulklassen und Gruppen am Vormittag unter der Tel: 06243/4040

Öffnungszeiten und Preise findet ihr im untenstehenden Folder