Nebel am Gerzkopf (c)Brigitte Oberländer

Mit Gitti Schafe zählen am Gerzkopf

Gerzkopf: sanft neben schroff

Der Gerzkopf ist schon ein ganz besonderer Berg zwischen Dachstein, Tennengebirge und Niederen Tauern. Anders als seine Nachbarn am markanten, schroffen Gosaukamm, ist der Gerzkopf mit seiner runden Kuppe ein so genannter Grasberg. Bis hinauf auf seinen Gipfel auf 1.728 m ist er bewachsen, nach der Baumgrenze begleiten Latschen den Wanderer bis ganz hinauf. Aufgrund seiner wertvollen und seltenen Lebensräume wurde der Gerzkopf im Jahr 2006 zum Natur- und Europaschutzgebiet erklärt und in das europäische Schutzgebietsnetz Natura 2000 eingegliedert. Die Hochmoore, der Latschengürtel und auch der Bergwald sind Lebensräume, die europaweit als schützenswert gelten. Ganz besondere Lebensräume für seltene Pflanzen am Gerzkopf sind die Moortümpel, die in Mitteleuropa extrem selten sind. Aber auch die Tierwelt ist außergewöhnlich, denn nur wenigen bietet das Hochmoor einen optimalen Lebensraum. So finden zahlreiche Libellenarten hier optimale Bedingungen zum Leben.

Ein wahrhaft mystischer Platz

Um das Hochmoor rankt sich auch eine uralte Sage. In der so genannte „Schwarze Lacke“ soll einst ein goldener Wagen versunken sein. Alle Versuche, den Schatz zu heben, sind jedoch bislang kläglich gescheitert …

Die sagenumwobene Schwarze Lacke (c)Sylvia Schober

Die sagenumwobene Schwarze Lacke (c)Sylvia Schober

Schön, dass es so etwas direkt quasi vor der Haustüre gibt! Heute bin ich allerdings nicht allein wegen der Natur oder Schatzsuche auf dem Berg unterwegs. Ich mache einen Besuch bei der Schäferin am Gerzkopf! Gitti Oberländer lebt direkt unter dem Gipfel des Gerzkopf in der kleinen Schäferhütte und kümmert sich Tag für Tag um das Wohl der rund 300 Schafe, die hier heroben ihre „Sommerfrische“ genießen. Nach gut zwei Stunden Fußmarsch stehe ich vor der Hüttentür und werde von Finn, Gittis Hund, freudig begrüßt. „Was für ein netter Besuch, schön, dass du hier bist!“, meint dann auch Gitti, als sie mich sieht.

Sie war bereits seit 4.00 Uhr in der Früh unterwegs, um nach ihren Schützlingen zu schauen: „Die Kunst ist das Finden„, erklärt sie, „dabei hilft mir Finn richtig fleißig.“ Deshalb ist sie schon früh am Morgen unterwegs, hat Brot und Salz für die Schafe mit, um sie näher an die Hütte zu locken. Dort kann sie besser schauen, ob alles mit den Tieren in Ordnung ist. Abends sucht sie die Schafe an den Plätzen, an denen sie gewöhnlich schlafen. „Tagsüber interessieren sich sich überhaupt nicht für mich und genießen ihre Freiheit„, lacht Gitti. Dieses Gefühl mag auch sie selber, weshalb sie sich nach langen Jahren im Gastgewerbe dazu entschlossen hat, den Sommer am Berg zu verbringen.

Morgenstund´ hat altes Brot im Mund

Wir sitzen gemütlich vor der Hütte und Gitti hat nun Zeit, mir ein paar Fragen zu beantworten.

Was machst du in der Früh als erstes?

Gitti lacht: „Zähneputzen!“

Wenn du schon so früh morgens unterwegs bist, gibt es sicher spezielle Erlebnisse?

Gitti denkt kurz nach: „Was mir sehr gefallen hat, war das Zusammentreffen mit einer Birkhenne. Ich hörte es bei meinem Rundgang in den Latschen piepsen. Sie hatte dort ihr Gelege und versuchte mit allen Tricks, mich von dort wegzulocken. Das hat mich sehr beeindruckt. Natürlich habe ich um die Stelle einen weiten Bogen gemacht, um sie und ihre Kleinen in Ruhe zu lassen.“

Nachdem du nach den Schafen gesehen hast, wie sieht dein Tag weiter aus?

Gitti: „Unterwegs nehme ich mir einige Knittl (Holzscheite) mit, heize mir ein und stell mir einen Kaffee auf. Den genieße ich dann sehr.“

Woher kommt das Wasser, das du zB für das Zähneputzen :)  und den Kaffee brauchst?

Gitti weist auf den Weg rechts neben ihr: „Gut 250 Meter von der Hütte entfernt gibt es Wasser.“

Wieso kannst du das mit dem Schafehüten?

Gitti: „Ich bin am Bauernhof aufgewachsen, da bekommt man das in groben Zügen schon mit. Außerdem höre ich den Bauern gut zu und Jäger haben mir Plätze gezeigt, wo sich die Schafe gerne aufhalten. Bei schönem Wetter sind sie nicht weit, bei schlechtem Wetter treibt sie es aber talwärts.“

Selfie mit Schaf (c)Brigitte Oberländer

Selfie mit Schaf (c)Brigitte Oberländer

Besuchen dich Jäger und Bauern hier auch manchmal?

Gitti: „Ja, und sie bringen Nützliches, wie Futtermittel, aus dem Tal mit. Darüber bin ich sehr froh, ich muss ja alles, was ich brauche, herauftragen. Sollte mich wer besuchen: altes Brot bitte nicht wegwerfen und zu mir herauftragen! Ich trockne es in der Sonne – das sind die „Zuckerl“ für meine Wollies!“

Stichwort Unterhaltung: Wird es bei Regenwetter nicht langweilig?

Gitti: „Nein, wirklich nicht. Es gibt immer genug zu tun. Ich sammle auf meinen Rundgängen schöne Wurzeln, Rinden, Steine und mehr, die ich dann zu Deko verwandle. Aus Beeren und Zapfen wird ein gutes Schluckerl angesetzt. Außerdem muss ja die Hütte auch geputzt und das Plumpsklo gereinigt werden!“

Die Einsamkeit macht dir nichts aus?

Gitti lacht: „Ich hab doch den Finn! Durch meine Arbeit im Gastgewerbe weiß ich jetzt die Zeit, die ich einfach einmal mit Sitzen und Schauen verbringen kann, zu genießen. Zudem habe ich durch die Photovoltaikanlage ja Strom in der Hütte. Dadurch habe ich jederzeit Verbindung mit der Außenwelt via Handy und Internet. Das gibt mir auch ein gewisses Gefühl der Sicherheit.“

Ist es in der Nacht laut oder leise am Berg?

Gitti: „Es gibt natürlich keinen menschengemachten Lärm oder Autos. Die Geräusche sind anders hier oben. Da summt und brummt es beispielsweise von Käfern. Gewitter mag ich gerne! Das ist ein faszinierendes Schauspiel, das sogar die Fensterscheiben zum Vibrieren bringt! Einmal hat Finn in der Nacht etwas angezeigt, da ist ein Hirsch ganz nahe an der Hütte vorbeigelaufen. Durch das Moor hat es sich angehört, als ob ein Reiter unterwegs wäre.“

Apropos Moor: Hast du den Schatz schon gehoben?

Gitti schmunzelt: „Das verrate ich nicht!“

Jetzt wird es Zeit, mich von Gitti zu verabschieden. Danke für das nette Gespräch, beim nächsten Mal werde ich sicher altes Brot für die Schafe mitbringen. Beim Weggehen, unweit der Hütte, fällt mir eine kleine Lacke (Pfütze) ins Auge – besser gesagt, das, was in der Lacke liegt. Was glänzt denn da so verdächtig? Es wird doch nicht … Nein, wahrscheinlich nicht … Oder doch? Ich muss bald wieder einmal heraufkommen und dann schaue ich mir das geheimnisvolle Glitzern genauer an!

Der sagenhafte Schatz? (c)Sylvia Schober

Der sagenhafte Schatz? (c)Sylvia Schober

Habt Ihr Lust bekommen, dem Hausberg der Lungötzer einen Besuch abzustatten und bei Gitti mit ihrer Schafherde vorbeizuschauen? Jeden Dienstag gibt es eine geführte Tour zum Gerzkopf, meldet euch am besten gleich an und genießt herrliche Eindrücke und wunderbare Ausblicke!

 

Sylvia
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